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Porsche 911 Targa

Porsche 911 Targa

Porsche 911 Targa

Leonardo da Vinci (1452-1519), der geniale Maler, Gelehrte, Forscher und Erfinder, hätte heutzutage wo gearbeitet?
Genau, bei Porsche.

Wenn sich das Universalgenie die Dachkinematik des Porsche 911 Targa näher angesehen hätte, wäre er bestimmt ins Schwärmen gekommen.
Wie einfach war da im Vergleich die Konstruktion der ersten Targa-Generation.
Sie bestand beim „Sicherheitscabriolet“ aus einem herausnehmbaren Dachteil und einem Targa-Bügel zum Überrollschutz.

Denn der Porsche 911 Targa im Jahr 1965 war eine Entwicklung, die aus der Not eine Tugend machte. Der Verbraucherschützer und Rechtsanwalt Ralph Nader verteufelte mit seiner Veröffentlichung „Unsafe at any Speed“ alle Cabrios und machte sie zu wahren Höllenmaschinen mit der Garantie auf tödliche Folgen für die Insassen bei einem Überschlag. Porsche wollte auch auf dem großen Markt in den USA erfolgreich bleiben und die Begeisterung für Cabriolets weiter in bare Münze umsetzen. Schnell war der für den Rennsport entwickelte feste Bügel übernommen und ein herausnehmbares Faltdachteil erfunden. Dazu kam noch ein versenkbares Heckfenster. Voilá, das machte die Cabrio-Skeptiker still und die Frischluftfans froh. Auch Mode-Enthusiasten konnten das neue Konzept goutieren, schließlich zog es bei herausgenommenem Targadach nicht mehr als bei offenem Schiebdach und die damals aktuelle Turm-Frisur einer Dame im Targa wurde geschont. Den Namen fanden die Zuffenhausener beim berühmten Renn-Klassiker Targa Florio, da sinnigerweise das italienische „Targa“ auch noch „Dach“ heißt.

Das klingt nützlich und einfach, war aber gar nicht so, denn Demontage und Montage waren damals reine Nervensache. Dabei gingen nicht nur Fingernägel zu Bruch, sondern auch die gute Laune flöten. Der Wiedereinbau der Faltdachhälften und die Fummelei am Reißverschluss, der die Plastik-Heckscheibe mit der Karosserie verband, waren Herausforderungen. Es war eben schon immer etwas anstrengender besonders cool zu sein.

Aktuell hat der Porsche 911 Targa wieder einen silbernen Bügel, aber diesmal eine Dachkonstruktion, die überwältigt und Nerven wie Fingernägel schützt.

Bester Platz für das publikumswirksame Orchester aus Dachspriegeln, Glasflächen, Spannärmchen, Hydraulikzylindern, Gelenken und Stellmotoren ist natürlich das italienische Eiscafé um die Ecke. Gerne auf der Münchner Maximilianstraße, auf der Düsseldorfer Kö oder in Hamburg an der Binnenalster.

Was dieser hydropneumatische Mechanismus beim Öffnen und Schließen des Daches leistet, ist jeden Blick wert und versetzt nicht nur die Gäste auf dem Nebenplatz, sondern auch Fußgänger, Radfahrer und andere Autofahrer ins Staunen. Das funktioniert vom Caféhocker aus per Schlüsselfernbedienung oder per Knopfdruck im Targa sitzend. In 19 Sekunden ist der Zauber vorbei und alles ist verstaut. Dabei schiebt sich der komplette Heckaufbau nach oben und hinten, Darunter legt sich das Dach flach oder kommt wieder hervor.
Insgesamt bewegen sich bei diesem Spektakel 33 Kilogramm Stoff, Glas und Metall.

Allein die Parkplatzsuche setzt etwas Mitdenken voraus, denn der Teil des Aufbaus mit der Heckscheibe schiebt sich beim Öffnen und Schließen nach hinten über den Stoßfänger hinaus. Wer zu eng parkt, riskiert, dass der Parkplatznachbar einen Kratzer oder die Mechanik einen Schaden abbekommt.
Im Stand betört der mattchromglänzende Überrollbügel in geöffnetem oder geschlossenem Zustand.
Die drei Kiemen im Bügel sind eine Reminiszenz an die ersten Targa-Modelle Ende der 60er Jahre.

Das Dach macht sich flach.
Classic at it´s best.

Gelenkige Fotografen können sich sogar zwischen Karosserie und Aufbau schieben und dabei einen Blick ins Innere des Targa werfen.
Porsche-911-Targa-Stills-RD-im-Heck

Das geht aber auch bequem daneben stehend.

Beim Geräuschniveau während der Fahrt unterscheidet sich der geschlossene Targa nicht vom Coupé-Kollegen. Offen lässt er viel Sonne rein und schützt durch die Anti-Donner-Kuppel vor stürmischem Luftzug und tosenden Windgeräuschen. Das macht richtig Spaß, sogar mehr als im Cabrio, schließlich sorgt darin ein Windschott für ähnliche Ergebnisse, sieht aber nicht so stylish aus. Jenseits der 200km/h erreicht auch das Targa-Dach die Grenzen des Machbaren und es wird zu laut für charmanten Small Talk.

Von hinten sieht man dem Targa seinen Allradantrieb an, denn die 22 Millimeter breiteren Radhäuser machen mächtig Eindruck. Natürlich fehlt die C-Säule, denn sonst wäre ja kein Platz für den exzellenten Dachaufbau. Ein weiterer Vorteil im Vergleich zum Cabrio ist die riesige Heckscheibe aus Sicherheitsglas. Sie spendiert dem Fahrer eine sehr gute Sicht nach hinten. Gerade bei geschlossenem Verdeck müssen 911-Cabrio-Lenker beim Blick schräg nach hinten eher vermuten, was sich dort befindet.

Im Innenraum herrscht die porschetypische Kombination aus Sportlerambiente und Luxus. Platz ist für zwei großgewachsene Menschen vorne und Kinder oder Gepäck auf der Rücksitzbank.

Das Targa-Dach wiegt 40kg mehr als die Cabrio-Haube und 110kg mehr als jenes des Coupés.

Der 4,49 Meter lange Porsche 911 Targa wiegt gut 1.600 Kilogramm, das klingt viel schwerer als es sich anfühlt. Fast so leichtfüßig wie ein Boxster GTS (330PS, 4,40 MeterLänge, 0-100km/h 5,0 Sekunden, Vmax: 280km/h, gut 1.400 kg, ab 69.949.-€) lässt sich schon der kleinste Targa mit 3,4 Liter 6-Zylinder Boxer-Motor und 350PS bewegen. In 5 Sekunden geht es von Null auf Hundert und dann weiter bis auf 280 km/h. Preislich hängt der stets allradgetriebene Targa den Boxster leicht ab bei Preisen ab 109.338.-€.

Der Targa kann komfortabel, auf Wunsch aber auch hart, böse brüllend und heiser fauchend. Die Leistung und das Design in Verbindung mit einer Dachmechanik, die jeden Uhrmachermeister in Verzücken versetzen kann, macht den eleganten Gran Turismo zu einem Einzelstück auf dem Markt.

Das wird sich ändern. In den vergangenen Jahren ist der Anteil der Targas am Elfer-Absatz auf unter 10% zurück gegangen. Das lag aber am Angebot. In den 70er Jahren waren 4 von 10 Elfern Targas. Das könnte wieder so werden, denn die erste Jahresproduktion war schnell ausverkauft.

The strap is back.