Herr Elsener, Victorinox ist heute eine Weltmarke und höchst erfolgreich. Was macht Victorinox so stark?
Es sind sicher unsere 2‘000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weltweit. Ohne ihren Fleiß und ihre Zuverlässigkeit wäre dieser Erfolg nicht möglich. Hinzu kommen unsere Produkte, die als verlässli- che Gehilfen im Alltag für Qualität, Funktionalität, Innovation aber auch ikonisches Design stehen. Nicht zuletzt deshalb dürfen wir heute auf viele treue Kunden zählen.
Selber sind Sie bekannt für Ihren verantwortungsvollen und sozialen Führungsstil. Was bedeutet Ihnen diese Anerkennung?
Sehr viel. Sie sind für mich ein Zeichen der Wertschätzung. Ich bin froh und dankbar, dass mir meine Eltern christliche Werte auf den Lebensweg mitgegeben haben: Ehrlichkeit, Vertrauen, Res- pekt, Dankbarkeit, aber auch Bescheidenheit gehören zu unserer Firmenkultur. Sie geben Kraft und sind Rückhalt in schwierigen Situationen…
… wie nach 9/11, als Flugzeug-Passagiere Ihre Taschenmesser nicht mehr im Handgepäck mitführen durften. Plötzlich brachen die Umsätze um über 30 Prozent ein.
9/11 war der härteste Schlag in der jüngeren Geschichte von Victorinox. Rückblickend gesehen, konnten wir die schwierige Situation relativ gut meistern – nicht zuletzt dank unserer Reserven, die wir in guten Zeiten bilden. Zudem zeigten sich unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter äusserst verständnisvoll und flexibel. Sie boten Hand für Lösungen, so dass wir am Ende keine Kündigung aussprechen mussten. Mein Vater hat es fertiggebracht, dass er nie jemanden aus wirtschaftlichen Gründen entlassen musste. Ich werde alles daran setzen, dass dies so bleibt.
Aufgrund dieses Ereignisses haben Sie Ihre Unternehmensstrategie angepasst und neue Produktegruppen ins Sortiment aufgenommen.
9/11 hat uns gezeigt, wie gefährlich es ist, mehr oder weniger von einer Produktegruppe abhängig zu sein. Deshalb haben wir die Diversifikation vorangetrieben und in Zusammenarbeit mit unsern Partnern neue Erzeugnisse kreiert, welche zur Marke Victorinox passen.
Heute verkaufen Sie neben Taschenmessern, Haushalt- und Berufsmessern auch Uhren, Reisegepäck und sogar Parfum. Wie kam es dazu?
2005 übernahm Victorinox die Wenger SA in Delémont (Schweiz). Diese vertrieb bereits vor der Übernahme ein Parfum. In der Zwischenzeit haben wir eine ganze Linie erfolgreich lanciert.
Gerade eine Qualitätsmarke wie Victorinox wird immer wieder von Produktepiraterie heim- gesucht. Ein großes Problem für Sie?
Ja, ein sehr großes sogar. Wir betreiben einen enormen Aufwand, um unsere Produkte zu schützen. Hilfe leisten uns dabei Behörden und Botschaften. Professionelle Ermittler spüren fehlbare Anbieter auf – etwa an Messen –, lassen ihren Stand räumen und zeigen sie offiziell an.
Es fällt auf, dass Sie in den letzten Jahren kräftig in Flagship und Brand Stores investiert haben. Weshalb?
Wir haben eine klare Retail-Strategie. Unsere Kundinnen und Kunden sollen Victorinox vor Ort erleben und entdecken können. Denn hinter Victorinox stehen Menschen, ein Spirit und hochwertige Produkte, was wir mit dem direkten Kundenkontakt am besten kommunizieren können.
Was viele nicht wissen: Im Jahr 2000 wurde das gesamte Aktienkapital zwei Stiftungen zugeführt. Hat sich dieser Schritt bewährt?
Auf alle Fälle. Dies obwohl sämtliche Familien-Mitglieder, welche Aktien besaßen, damit freiwillig auf ihr Erbe verzichtet haben. Langfristig gesehen sichert dieser Schritt Victorinox die Unabhängigkeit. Komplizierte Erbteilungen, welche das Unternehmen finanziell schwächen würden, sind aus- geschlossen. 90 Prozent der Aktien wurden in die Victorinox-Unternehmensstiftung eingebracht.
Der Rest der Aktien – also 10 Prozent – ging in die Carl und Elise Elsener-Gut Stiftung, welche mein Vater gegründet hatte, als seine Mutter starb. Sie unterstützt karitative Hilfsprojekte weltweit.
Abschließend: Wie sehen Sie die Zukunft des Unternehmens? Wird die Familien-Tradition weitergeführt?
Ich hoffe es und bin zuversichtlich, dass wir in unserer großen Familie eine gute Lösung finden werden.